Island und das Bier
Als deutsche Auswanderin auf Island bin ich natürlich wohl vertraut mit guten Bieren und weiß, dass das Reinheitsgebot (erlaubt als Brauzutaten nur Hopfen, Malz und Wasser) nicht nur zum Spaß geschaffen wurde. Wobei mittlerweile auch sehr viele saisonale Biere mit allerlei verschiedenen Geschmacksrichtungen und interessanten Zutaten gebraut werden.
Island ist zwar ein wirklich kleines Land, braucht sich hinter seiner Bierkultur und Braukunst jedoch längst nicht mehr zu verstecken. Weinanbau und Kelterei war hier nie möglich, also konzentrierten sich die Wikinger aufs Bierbrauen. Anders als in Deutschland ist eine Hauptzutat hier auch reichlich vorhanden, denn das isländische Gletscherwasser – das reinste Wasser der Welt – gibt dem Bier einen frischen, reinen und natürlichen Geschmack. Und vor den Brautagen muss hier auch niemand Schilder aufhängen, mit der Bitte an die Bevölkerung, in den nächsten Tagen nicht in den Fluss zu koten, damit das Wasser sauber genug ist zum Brauen, wie das z. B. in früheren Tagen in Deutschland nötig war.
Die Geschichte des Bieres auf Island geht zurück auf die Nordmänner, die sich hier als erste Siedler niederließen. Heutzutage sind viele Besucher erstaunt über die unzähligen isländischen Brauereien und Mirco Brauereien, die aus einer solch kleinen Bevölkerung entstanden sind und die bereits hunderte von verschiedenen und einzigartigen Bieren brauen.
Und dabei war auf Island das Bier lange verboten. Und zwar fast ein ganzes Jahrhundert lang. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt Bier eher als „aus der Mode“, denn Island versuchte zu der Zeit, sich von Dänemark zu lösen und unabhängig zu sein. Bier wurde damals stark mit dem dänischen Lifestyle in Verbindung gebracht. 1908 gab es dann ein Referendum, bei dem 60% der Bevölkerung für ein generelles Alkoholverbot ab dem Jahre 1915 stimmte. Frauen hatten damals zwar noch kein Wahlrecht, wurden aber dennoch als dafür stimmend gezählt. Der Schmuggel von Alkohol hatte natürlich nie aufgehört und nach und nach wurden sogar verschiede Arten von Alkohol wieder erlaubt, z. B. als Medizin. So galt Wein als „heilend“ für schlechte Nerven, oder Schnaps „als gut fürs Herz“. Auch drohte Spanien damit, keinen Salzfisch mehr zu kaufen (damals Islands Exportschlager), wenn Island nicht auch spanischen Wein kaufen würde. Somit wurde 1921 Rot- und Roséwein aus Spanien und Portugal wieder legalisiert.
Nur Bier wurde von keinem der Ärzte als Medizin anerkannt und blieb somit bis 1989 verboten. Ab 1979 war es dann Piloten, Flugbesatzungsmitgliedern und einreisenden Touristen erlaubt, duty-free Bier einzuführen. 1980 durften dann auch Isländer mit Bier einreisen, mit 6 Litern importiertem und 8 Litern einheimisch gebrautem Bier (zwar in Island gebraut, jedoch nirgends außerhalb des Flughafens zu kaufen). 1988 stimmte das isländische Parlament Althing dann endlich dafür, dass Bier wieder legalisiert werden sollte. Somit war Bier zu verkaufen, zu kaufen und zu trinken ab dem 01. März 1989 wieder erlaubt. Heute ist der 1. März jedes Jahr Islands Nationaler Biertag – „Bjórdagurinn“ genannt.
Verkauft werden darf Bier auf Island nur in den staatseigenen Alkohol- und Tabakgeschäften Vínbúðin (ÁTVR). Im Jahre 2015 wurde bereits ein Gesetzesentwurf vorgeschlagen, um das staatliche Monopol beim Alkoholverkauf zu stoppen.
Auf der Liste des durchschnittlichen Bierkonsums pro Kopf lag Island im Jahr 2018 auf Platz 22 mit 75L. Tschechien lag auf Platz 1 mit unglaublichen 191,8L, Deutschland auf Platz 3 mit 101,1L hinter Österreich mit 107,6L pro Kopf und Jahr. Dänemark kam auf Platz 35 mit 59,6L, Schweden auf Platz 37 mit 58L und Norwegen auf Platz 44 mit 54,1L pro Kopf und Jahr.
Die ältesten Bierrezepte sind wohl mehr als 5000 Jahre alt. Und die ersten professionellen Brauer waren Frauen. Sogar bei den alten Ägyptern wurden die Arbeiter beim Pyramidenbau schon mit Bier bezahlt. Sie tranken bis zu 4L Gerstensaft pro Tag, denn es war gesünder als das verdreckte Wasser des Nil. Und die Wikinger sollen in früherer Zeit geglaubt haben, dass nach ihrem Tod in Walhalla eine riesige Ziege namens Heidrun auf sie wartet, aus deren Euter Bier für sie fließt.
Heutzutage lassen sich Islandurlauber im Norden beim Bier-Spa verwöhnen und genießen in der Bierbadewanne ein frisch Gezapftes. Und der berühmte Bierbauch kommt ja auch nicht vom Bier selbst. Der entsteht nur, weil Hopfen appetitanregend ist und man einfach mehr Hunger bekommt. Ein 0,3L Pils z. B. hat 120kcal, ein Weißwein 0,2L kommt auf genauso viel und ein Glas Rotwein 0,2L sogar auf 160kcal. Sekt (0,1L) hat 80kcal und ein 0,02L Wodka 45kcal.
Einige der bekanntesten Brauereien Islands sind Einstök Beer Co. Akureyri, welche derzeit 7 Sorten Bier braut, Ölvisholt Brugghús in Selfoss braut 38 verschiedene Biere, Borg Brugghús in Reykjavík hat eine Auswahl an 52 Bieren, Briggjan Brugghús braut 36 Sorten, Gæðingur Brugghús in Reykjavík braut erstaunliche 152 verschiedene Sorten, Brothers Brewery auf den Westmänner Inseln braut 23 verschiedene Biere. Es gibt natürlich noch unzählige mehr wie die Egill Skallagrímsson Brauerei, die Víking Brauerei, die Bruggsmiðjan oder Brauschmiede Kaldi, Rvk brewing Co., Austri Brugghús, Húsavik Öl, Ölverk Hveragerði (dort wird mit Hilfe der geothermalen Wärme gebraut), Smiðjan Brugghús in Vík, Steðji Brugghús in Borgarfjörður, um wirklich nur ein paar zu nennen.
Und da gibt es dann Sorten wie:
Lava, mit dunkler Schokolade, geröstetem Malz und Rauch
Hvalur, mit Waltestikeln (in europäischen Ländern verboten aufgrund der Walfangverbote)
Hrútur, mit Testikeln vom Schafbock
Skessa, mit Wasabi
Jólabjór (Weihnachtsbier), mit Lakritze
Skvísabjór (das Süße), mit Erdbeergeschmack
Arctic Ale, mit Organgenschale und Mandeln
Arctic Berry Ale, mit isländischen Wildblaubeeren
Toasted Porter, mit Schokoladenmalz und geröstetem Kaffee…
oder einfach ein Pils, Weizen, Exportbier, Helles, Lager, Oktoberfestbier, Märzen, Kölsch (auch hier gebraut), Altbier…
Brugghús ist übrigens die Bezeichnung für Brauerei/Brauhaus. Genauso wie Ölgerð (wortwörtlich Biermacherei). Und Bier heißt auf Isländisch Bjór. Einfach die Flaschen- oder Dosenetiketten checken, um die regionalen isländischen Biere zu probieren. Einige der Brauereien bieten auch Führungen und Tastings an. Informationen hierzu finden sich auf der Homepage der jeweiligen Brauerei.
P.S.: schon www.untappd.com ausprobiert?